Landesvorstand beschließt Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zwischen LINKE, SPD und GRÜNEN

Am 15. Oktober wurden nach sechs langen, inhaltsreichen Runden die Sondierungsgespräche zwischen LINKEn, SPD und uns, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, erfolgreich abgeschlossen. In diesen Sondierungsgesprächen ging es maßgeblich um die Leitlinien der Politik in Thüringen in den kommenden fünf Jahren und darüber hinaus und die sich daraus ergebenden Regierungsprojekte. Es ging aber auch um die Entwicklung einer gemeinsamen Gesprächs- und Arbeitskultur, um die Tragfähigkeit eines solchen Bündnisses und um die gemeinsame Verantwortung vor der Geschichte und die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit.

Auf der Basis der erzielten Vereinbarungen hat der Landesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thüringen auf seiner heutigen Sitzung einstimmig die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen beschlossen.

In den letzten Tagen erreichten uns viele Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, die sich für die Sondierungen an sich wie auch für die Inhalte interessierten. Wir veröffentlichen mit diesem Beitrag eine Zusammenfassung der Sondierungsergebnisse, die einen Überblick über die vereinbarten Vorhaben gibt. Zudem wollen wir im Folgenden einige der Fragen aufgreifen und etwas ausführlicher beantworten.

Warum führt ihr Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen mit LINKE und SPD?

Wir GRÜNE sind in die Wahl mit einer eigenständigen grünen Programmatik gegangen und haben daraus vier Kernforderungen aufgestellt: gutes Essen aus regionaler Erzeugung und artgerechter Tierhaltung; gesunde Umwelt mit sauberer Luft, sauberen Gewässern, weniger Lärm; Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und vielfältige Bildung, bei der jedes Kind das Angebot erhält, das zu ihm passt. Wir haben uns dabei nicht auf mögliche Regierungspartner festgelegt, sondern betont, dass wir nach der Wahl mit allen Parteien, die uns einladen, sprechen werden. Aus unserer Sicht ist das eine demokratische Gepflogenheit, die der Respekt vor dem Willen der Wählerinnen und Wähler gebietet. Kritisch bewertet haben wir lediglich ein denkbares Regierungsbündnis, bei dem es uns GRÜNE rechnerisch nicht benötigt, das also auch ohne uns bereits eine eigene Mehrheit im Parlament hat. Aber auch hier haben wir Gespräche nicht ausgeschlossen, sondern deutlich gemacht, dass man uns von der Notwendigkeit einer solchen Lösung überzeugen muss.

Mit der Wahl am 14. September haben die im Landtag vertretenen Parteien den Auftrag erhalten, eine Landesregierung zu bilden. Bereits am Folgetag wurden wir von der LINKEn zu gemeinsamen Sondierungsgesprächen zwischen LINKE, SPD und GRÜNEN eingeladen und haben die Einladung angenommen. Im Verlauf des ersten Gesprächs verständigten sich die Gesprächspartner auf sechs Gesprächsrunden zum Ziel der Aufnahme von Koaltionsverhandlungen. Auch von der CDU erreichte uns eine Einladung zu einem vertrauensvollen Gespräch zwischen CDU und GRÜNEN. Es handelte sich hierbei jedoch nicht um eine Einladung zu Sondierungen zwischen CDU, SPD und GRÜNEN; Ziel des Gesprächs war auch nicht die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Auch diese Einladung haben wir gern angenommen, dabei aber deutlich gemacht, dass konkrete Sondierungen für uns Vorrang vor losen Gesprächen haben.

Warum wollt ihr als BÜNDNIS 90 mit der LINKEn eine Regierung bilden?

25 Jahre nach der friedlichen Revolution ist die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit für alle Parteien nach wie vor eine politische Aufgabe. Wir, als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Wurzeln in der Bürgerrechtsbewegung der DDR, sehen uns dabei in besonderer Verantwortung, diesen Prozess der Aufarbeitung immer wieder einzufordern und aktiv zu begleiten. Aus diesem Grund haben die drei Parteien während der zweiten Sondierung ein gemeinsames Papier beschlossen, das die DDR als Unrechtsstaat benennt, sich klar zur Aufarbeitung des begangenen Unrechts bekennt und Leitlinien dieser Aufarbeitung benennt. Dieses Papier hat für eine breite öffentliche Diskussion gesorgt und damit einen erneuten Prozess der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in Bewegung gesetzt, der weit über Thüringen hinaus geht. Für dieses Papier gab es viel Kritik, gleichwohl aber auch viel Zustimmung und Lob auch von früheren Bürgerrechtlern und Verfolgten des DDR-Regimes.

Für uns ist klar: Dieses Papier muss in den nächsten fünf Jahren mit Leben gefüllt werden, darf nicht nur Lippenbekenntnis sein. Die LINKE hat sich aber mit großer Mehrheit und hoher Glaubwürdigkeit zu diesem Papier und dem eingeforderten Prozess bekannt. Auch wenn es hier immer kritische, verneinende Einzelstimmen gibt, sind wir zuversichtlich, dass der Prozess der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit und der eigenen Verantwortung auch innerhalb der LINKEN mit großem Ernst und großer Gewissenhaftigkeit geführt wird. Wir verstehen, dass für manche Menschen eine Zusammenarbeit in politischer Verantwortung mit der LINKEn als Nachfolgepartei der SED undenkbar ist. Wir haben aber auch gesehen, dass sich die LINKE in den vergangenen 25 Jahren vielfach als demokratische Kraft in Politik und Gesellschaft bewiesen hat.

Wie viele grüne Inhalte gibt es in so einem Bündnis? Ist es mit einer Stimme Mehrheit überhaupt tragfähig?

Wir haben immer betont, dass es uns in einer möglichen Regierung auf die Inhalte ankommt, die grüne Handschrift erkennbar ist. Wir wollen eine ökologische, nachhaltige, soziale und generationengerechte Politik für Thüringen und konnten dafür zentrale Vorhaben in den Sondierungen vereinbaren. Auf einige wollen wir hier besonders verweisen: Energieversorgung bis 2040 aus erneuerbaren Quellen, Schutz des Waldes und Ausweitung von Naturschutzprojekten, Absage an Massentierhaltung und Stärkung des ökologischen Landbaus, Klimaschutzgesetz und energetische Gebäudesanierung, beitragsfreies Kita-Jahr und Verbesserung der Förderung freier Schulen, Schuldenbremse und Haushalte ohne Nettokreditaufnahme, Wahlrecht ab 16 und Stärkere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei Großprojekten, Stärkung des Handwerks, Einführung eines ThüringenTakts mit der Verknüpfung von Bus- und Bahnangebot und vieles mehr.

Wir sind uns klar darüber, dass eine Stimme Mehrheit im Parlament die denkbar knappste Mehrheit ist. Die Sondierungen haben aber gezeigt, dass es für die inhaltliche Zusammenarbeit der drei Parteien viele Gemeinsamkeiten gibt. Im Wissen um die Verantwortung für Thüringen und mit Respekt vor dem Willen der Wählerinnen und Wähler sind wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bereit, unseren Anteil an einer stabilen Regierung in den nächsten fünf Jahren zu leisten.

application/pdf SymbolErgebnisse der Sondierungen von LINKE, SPD und GRÜNEN

http://gruene-thueringen.de/sites/gruene-thueringen.de/files/ergebnisse_sondierungsgespraeche_rrg.pdfapplication/pdf Symbol"Die Würde des Menschen ist unantastbar" - Zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit

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