Braucht Nordhausen neue Wohnungen?

„Seit 52 Jahren lebe ich in Nordhausen. Ich habe hautnah miterlebt, wie Nordhausen – Ost aus dem Boden gestampft wurde. An die Großbaustelle rund um das Krankenhaus in Nordhausen – Nord kann ich mich auch gut erinnern. Die Erschließung der Baulücken in der Innenstadt beispielsweise in der Rautenstraße und Kranichstraße habe ich noch vor Augen.“, so äußert sich Rüdiger Neitzke, Fraktionsvorsitzender der Grünen Kreistagsfraktion Nordhausen. Nordhausen wuchs. 50.000 Einwohner war das Ziel, welches nur knapp verfehlt wurde. Dann 1989. Plötzlich gab es direkte Zugverbindungen nach Frankfurt, Basel, Konstanz und Dortmund. Gleichzeitig begann die Anzahl der in Nordhausen lebenden Menschen zu sinken. Es wurden ganze Blöcke wieder abgerissen. In Ost, Nord, an der Darre und auch am jetzigen neuen Standort der Feuerwache verschwanden Wohnblocks. Wer wollte noch „in der Platte“ wohnen? Jetzt war das Eigenheim gefragt. Badehaus, Autobahnanschluss, Bibliothek, Landesgartenschau. Und dann? Die Straßenbahn hat sich nach vielen Jahren vom 10-Minuten-Takt verabschiedet. Wenn man Glück hat, fährt ein Zug zuverlässig nach Erfurt, Halle oder Kassel. Nordhausen ist kurz davor, unter die 40.000 Einwohner zu fallen.

Wollen wir das? Wir müssen uns der Frage stellen, was wir wollen! Es hilft nicht, lauthals zu verkünden, was wir nicht wollen. Wenn wir nicht wollen, dass die Stadt weiter schrumpft, muss uns auch klar sein, wo die Menschen herkommen sollen. Der direkte Vergleich von Geburtenrate und Sterberate verdeutlicht diesen negativen Trend. Dr. Pascal Leibbrandt ergänzt: „Wollen wir zum Beispiel, dass viele Studierende aus dem Ausland nicht nur zum Studieren nach Nordhausen kommen, sondern diesen Menschen auch eine Perspektive bieten, braucht es attraktiven Wohnraum. Die guten Erfahrungen der Hochschule Nordhausen bei der Integration in den Arbeitsmarkt sollten für ganz Nordhausen genutzt werden.“

Europa, ja die Welt hat sich verändert. Die Konflikte sind komplexer geworden. Kurzfristige und einfache Lösungen scheinen unmöglich. Solange es die Menschheit gibt, solange gibt es Migration. Es ist völlig normal, dass sich Menschen auf den Weg machen. Es lohnt ein Blick in die Bibel. Eine Ursache sind Kriege und Konflikte. In Zukunft wird die Veränderung der klimatischen Bedingungen auch in Südeuropa als weitere Fluchtursache hinzukommen. Wir sollten uns jetzt darauf einstellen und entsprechend vorbereiten. Wenn wir die wichtigste Stadt im Norden Thüringens bleiben wollen, müssen wir wieder wachsen. Kontrolliert, vorausschauend geplant und nachhaltig. Neben neuen Wohnungen braucht es Schulen, Arbeitsplätze, medizinische Versorgung und vieles mehr. Platz ist in Nordhausen vorhanden. Wie ist der Planungsstand am ehemaligen Gaswerk in der Geseniusstraße? Gibt es Pläne zur Entwicklung der Region rund um den Bahnhof? Ist es vielleicht auch sinnvoll, am Blasiikirchplatz neuen Wohnraum zu schaffen? „Der Einzelhandel in der Innenstadt schrumpft. Neben der möglicherweise zu optimistischen Planungen der Verkaufsflächen und einem sich wandelnden Einkaufsverhalten ist auch der Bevölkerungsrückgang eine Ursache dafür.“, so Wilma Busch von der Grünen Stadtratsfraktion.

Eine Erstaufnahmeeinrichtung mit 500 Plätzen und einem 3-monatigem „Kommen & Gehen“ ist für die Entwicklung der Stadt zu einem Oberzentrum wenig hilfreich. Dezentrale Unterbringung mit Bleibeperspektive und begleitenden integrativen Projekten ist eine sinnvolle Möglichkeit. Erfolgreiche Integration beispielsweise in den Arbeitsmarkt kann auch in Nordhausen gelingen. Dafür gibt es zahlreiche positive Beispiele. Eine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber Menschen aus anderen Ländern ist für eine Entwicklung der Stadt Nordhausen nicht förderlich. Wir Nordhäuser Grüne wissen, dass Integration keine einfache Aufgabe ist. Wenn wir aber nicht nur zusehen wollen, wie Nordhausen schrumpft und die Zukunft an uns vorbeizieht, müssen wir uns dem Thema der Einwanderung stellen. Eine zunehmende Mitgliederzahl auch im Grünen Kreisverband Nordhausen, gibt uns dabei Zuversicht.



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